30 Jahre Mauerfall

      30 Jahre Mauerfall




      Heute jährt sich der Mauerfall zum 30. Mal.

      Ein Ereignis, das man mit gemischten Gefühlen sehen muss.
      Es gab und gibt viele positive Dinge, aber leider gab und gibt es auch noch viel Negatives.

      Sehen wir uns doch einmal an was geschah.
      Die Bürger der Ex-DDR waren unzufrieden mit ihren Lebensverhältnissen und gingen schließlich auf die Barrikaden. Die regelmäßigen Montagsdemos wurden quasi sprichwörtlich.
      Doch war das der Grund für den Zusammenbruch der DDR?
      Viele meinen, das wäre der Grund gewesen.
      Doch das war nur ein kleiner Teil, der dazu führte, daß die DDR zusammenbrach.

      Der Hauptgrund war schlicht und einfach, die DDR ist in den Konkurs gelaufen.
      Die Planwirtschaft hat nie funktioniert, egal was man dem damaligen Volk weismachen wollte. Wenn man einen Arbeitsplatz mit fünf oder sechs Arbeitnehmern belegt, dann kann das nicht auf die Dauer gut gehen. Es ist erstaunlich lange gut gegangen, gar keine Frage. Aber nur solange die DDR am Tropf von Russland hing.
      Doch der ganze Ostblock war im Umbruch. Das riesige sowjetische Reich zerfiel mehr und mehr. Finanzielle Nöte und Unabhängigkeitsbestrebungen brachten den russischen Bären in arge Bedrängnis.
      Wäre das nicht so gewesen, hätte es wohl nur eine einzige Montagsdemo gegeben. Diese wäre dann von russischen Panzern nachhaltig aufgelöst worden. So, wie es auch bereits am 17. Juni 1953 passierte.
      Aber die DDR war der russischen Führung nur ein Klotz am Bein. Der kalte Krieg war zu Ende und Russland hatte keine Lust die Rubel, die ihm eh schon durch die Finger glitten, in ein Fass ohne Boden zu stecken. Also war man froh, dieses Problem loszuwerden.
      Die Bundesrepublik übernahm die Konkursmasse und sollte sehen wie sie damit klar kam. Dafür ließ sich Michail Gorbatschow als Friedensstifter feiern.
      Obwohl das Ganze nur eine simple finanzielle Entscheidung war.

      Damit war die Wiedervereinigung also nun beschlossene Sache. Dokumente wurden unterschrieben, Staatsverträge gemacht und nun musste man überlegen was man mit der maroden DDR anstellen konnte. Flugs wurde eine Treuhandgesellschaft gegründet, die auch noch diesen Namen trug. Sie sollte alles verwertbare verwerten und den Rest einstampfen.
      Nun war die Treuhand aber nun so gar nicht treu.
      Vieles was hätte gerettet werden können, wurde zu Grunde gerichtet.
      Stattdessen wanderten viele Firmen aus dem Westen ab und bekamen billig Boden für neue Fabrikationsanlagen. Dazu gab es gleich auch noch billige Arbeitskräfte.
      Die Folgen im westlichen Teil der vergrößerten Bundesrepublik, waren steigende Arbeitslosigkeit, steigende Preise und Abbau des Sozialstaates.
      Dies führte dazu, daß auf die anfängliche Euphorie schnell Ernüchterung folgte.
      Schon wenige Jahre nach der Wiedervereinigung wurden die Rufe lauter, die meinten, statt die Mauer abzureißen hätte man sie lieber drei Meter höher gebaut.

      Von Anfang an lief vieles schief und so existierte zwar nicht mehr die sichtbare Mauer, aber die Kluft zwischen den beiden Teilen Deutschlands wurde eher noch tiefer.

      Und noch ein Problem zeigte sich seit den neunziger Jahren, im Osten wurde der Nationalsozialismus irgendwie in weiten Teilen in den Köpfen der Bevölkerung konserviert.
      Vermutlich lag es wohl daran, daß dort der Spruch, unter Hitler ging es uns besser, fatalerweise der Wahrheit entsprach.
      Hat im Westteil jemand so etwas von sich gegeben, erntete er wohl eher Hohn und Spott, während im Osten zustimmendes Nicken wahrscheinlicher waren.
      Diese menschenverachtende Ideologie, die im Osten weit besser überlebt hat, als im Westen, verschwand nicht nach der Grenzöffnung, sondern schwappte auch in den Westen und erstarkte.
      Der Grundstein für neue rechte Gruppen wurde gelegt. Dazu gehörten sowohl die NSU, als auch die „demokratischen“ Parteien, wie die Republikaner, die NPD oder die DVU und schließlich auch die gefährlichste „Partei“, die sogenannte „Alternative für Deutschland“.
      Es waren bei Leibe nicht alle aus dieser rechten Szene aus dem Osten, nein, die gab es auch im Westen, allerdings trauten diese nicht in die Öffentlichkeit zu gehen. Das änderte sich erst mit dem Mauerfall. So hat also zumindest die Wiedervereinigung der rechten Kräfte bestens funktioniert.

      Viel zu lange wurde dem Westen das Wasser abgegraben und in den Osten gepumpt. Währenddessen hat man viel zu lange gewartet, den Lohn im Osten dem Westniveau anzugleichen.
      So ist das wohl völlig logisch, daß die einen sich ausgenutzt fühlten, während die anderen sich zurückgesetzt fühlten.

      Da hat die Politik einiges in den Sand gesetzt, was man hätte besser machen können.

      Doch sollte die Bevölkerung darauf achten, jetzt nicht Demokratie und Freiheit in den Sand zu setzen, indem sie auf die tumben Parolen der Rechten hineinfällt.

      Die Mauer ist weg, die, die aus Beton und Steinen bestand.
      Die Mauer im Kopf, die ist noch da.
      Und einige haben zusätzlich auch noch sehr dicke Bretter vor dem Kopf.

      Es wäre an der Zeit, die Probleme gemeinsam anzupacken.
      An einem Strang zu ziehen und den Hasspredigern die kalte Schulter zu zeigen.

      Hakt ab was schlecht lief und brecht auf, in eine Zukunft gemeinsamer Anstrengungen, gegen Hass und Missgunst, für Demokratie und Freiheit.

      Aber achtet darauf, daß die Umwelt nicht dabei auf der Strecke bleibt.
      Denn Demokratie und Freiheit, sind ohne Lebensraum auch nichts wert.


      Foto: SSgt. F. Lee Corkran, DoD, gemeinfrei

      Vor 10 Jahren sind diese Zeilen entstanden. Ich steh immer noch dazu:

      Jubiläum Mauerfall

      Die Mauer ist gefallen.
      Den Ossis ist’s passiert.
      Geht’s uns nicht allen besser?
      Sind demokratisiert!

      Die Mauer ist gefallen.
      Und doch – was nützt es mir?
      Ich will gar nicht ins Ausland,
      ich bleibe lieber hier!

      Die Mauer ist gefallen.
      Westkaffee im Regal.
      Da ich viel lieber Tee trink’
      ist mir das scheißegal.

      Die Mauer ist gefallen.
      Das Werk macht gerade dicht.
      Den Abendkuss von Papi –
      den gibt es heute nicht.

      Die Mauer ist gefallen.
      Und ich bin eine Frau.
      Heut’ gilt zweihundertachtzehn,
      studier’ ihn grad genau.

      Die Mauer ist gefallen.
      Und Fragen hab’ ich auch.
      War es nun früher besser?
      Ja, doch – für meinen Bauch.

      Die Mauer ist gefallen.
      Ein Feiertag muss her.
      Ein Tag zum Jubilieren?
      Ein freier Tag – nicht mehr!

      (C) Sabine Hennig-Vogel